Regie.............................................................. Susanne Truckenbrodt
   
Spieler............................................................ André Ebert, Mathias Kusche, Thomas Mai, Wolf Scheidt, Uwe Schmieder, Werner H. Schuster, Marcus Staab Poncet, Andreas Uehlein
Gitarre............................................................ Markus Götze
   
Dramaturgie................................................. Peggy Mädler
Regieassistenz............................................ Christin Eckart
Bühne............................................................ Thilo Albers
Kostüm.......................................................... Susanne Pliet, Sandra Sperhake
Licht................................................................ Rainer Grönhagen (T-R-U-S-T)
Projektion...................................................... Sevrina Giard
Komposition.................................................. Markus Götze, Daniel Dorsch u.a.
Ton.................................................................. Torsten Krennick
Techn. Leitung.............................................. Daniel Weissroth (T-R-U-S-T)
Technik.......................................................... Stefan Rennebach/Stefan Wolf
Praktikanten.................................................. Lea Goschke/Philipp Kleinmichel
Dokumentation............................................. Antje Görner
Pressearbeit................................................. ARTEFAKT - Kulturkonzepte
Fotos.............................................................. Marcus Lieberenz/Stefan Wolf
Layout............................................................. ARTkrise
 
Rechte............................................................ Rowohlt Verlag
 
 

Gefördert durch die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur Berlin, StiftungKulturfonds.

 

Unter der Verwendung von Tim Staffels Sprechoper "Moby Dick" und Fragmenten aus dem Originalroman von Herman Melville werden acht Schauspieler auf eine Fahrt unter wechselnden Flaggen und mit tödlichem Ausgang eingeschworen.

Gemeinsam beginnen sie eine Reise durch die Austauschbarkeit von Idealen, Symbolen und Schlachten; der Glaube an den Sieg wird zum Kraftquell für Besessenheit. Die Inszenierung nutzt den Stoff "Moby Dick" als eine Allegorie auf die Hetzjagden der Geschichte, in denen das Fremde und das Andere immer ausgelöscht werden müssen, in denen das Versprechen auf Reichtum, Freiheit, Macht, Gerechtigkeit oder Rache die Brutalität und Endgültigkeit des Todes vergessen macht. Nicht die Unterschiede der einzelnen Zielsetzungen, Wege und Mittel werden herausgearbeitet, sondern es wird im Blick auf Vergangenheit und aktuellem Tagesgeschehen das erschreckende Gleichheitsprinzip von religiösen und gesellschaftlichen Entwürfen herausgestellt.
Auf dem Schiff flirren Bilder von ungezählten versunkenen Mannschaften und von dem jeweiligen weißen Wal als Inbegriff einer feindlichen, scheinbar unbezwingbaren Macht. Die Figuren lösen sich in Grundmustern von Angst, Sehnsucht, Gier, Fanatismus und Haß auf - jeder einzelne ist immer auch einfach nur Teil einer zum Tode geweihten und bereiten Mannschaft.

Die Schauspieler springen aus Grenzbereichen physischer Kraft in einen Herrensalon, der chorische Schrei wird vom beiläufigen Kommentar abgelöst. Unter Filmprojektionen und musikalischen Fragmenten verschwimmen die Zeichen. Manchmal sind die Jäger die Gejagten und manchmal geht es nur darum, eine Windstille zu ertragen, das Deck zu säubern, zu tanzen und den Haien auszuweichen. Manchmal will man auch nicht sterben und wird schon nicht getötet werden. Wenn die Inszenierung nach dem Jagdfieber eines jeden Glaubens fragt, zeigt sie auch auf die gefährliche Blutleere der Zeiten ohne Glauben.

 

 

PRESSESTIMMEN
Die Regisseurin hat ein Talent zum Herstellen von Bildern aus Körpern. In solchen Riefenstahlgewittern wird der Mann in seinen seelischen Aggregatszuständen gezeigt: Schreiend, flennend, feixend, träumend. Wenn sie durchs Bühnenbild von Thilo Albers aufs Publikum zustürmen und dabei chorisch brüllen, denkt man an Schleef.
Matthias Heine, Morgenpost 18. 8. 2002

Das Stück macht das Motiv des weißen Wals zum Platzhalter unerfüllbarer Sehnsucht, zum Bild gewordenen, indifferenten Ziel der Erkenntnis, zum Stöpsel auf dem Abgrund der Beliebigkeit von Lebenssinn ...
Es ist ein schwerer, ruppiger Text. Staffel scheut kein Pathos. Die Kerle bäumen sich in aller Menschenmacht auf und scheitern klein. Wie Franz Jungs Torpedokäfer, der gegen Wände fliegt. Die Wand juckt´s nicht.
Ulrich Seidler, Berliner Zeitung 19. 8. 2002

Die acht Gestalten sind in der Schiller-Theater-Werkstatt, anders als bei Melville, ohne Identitäten, sie tragen graue Anzüge, Militäruniformen wohl, wie aber nur vage angedeutet wird. Auch Schiff und Meer muß man sich dazu denken, bis auf ein paar Masten, Taue und Segel ist die Bühne leer. Was die Mannschaft eint, ist einzig Ahabs Idee: Moby Dick muß sterben.
Philipp Lichterbeck, Tagesspiegel 18. 8. 2002

Acht Männer brechen in der Inszenierung des Orphtheaters auf zur großen Fahrt, um mit blinder Besessenheit der Aussicht auf Reichtum zu folgen und ihre Angst vor sich selbst zu besiegen. In der Werkstatt des Schiller-Theaters erzählt Susanne Truckenbrodt die Geschichte als einen Irrweg entlang den Verlockungen von Ideologien und Gemeinschaftsritualen. Schon Melvilles Roman war keine geradlinig komprimierte Geschichte, sondern eine Mixtur verschiedener literarischer Genre.
Entsprechend ist auch bei Truckenbrodt die bearbeitete Romanfassung von Tim Staffel ein Bilderreigen, in dem sich immer wieder neue Motive zu einem Teppich verschiedener Bedeutungen und mythenbeladener Motive verweben. Anfangs prusten die Männer Wasser in die Luft. Das gleissende Bühnenlicht läßt sie und die gelegentlich aufblitzenden Fontänen ein wenig wie Wale aussehen. Dann die Verbrüderung, der Schwur: "Weiß und Wal und kein Geheimnis." ...
Der Wal wird zur Methapher für "das Böse". Wenn die Männer mit entblößter Brust aufstampfen, vereinen sie sich zum entfesselten faschistischen Körper. In einer Videoprojektion mutiert der Tierkörper dann zum Signet verschiedener unheilvoller politischer Bewegungen des 20. Jahrhunderts: vom Runenkreuz der Nazis bis zum gewehrbestückten Stern der RAF ...
Letztlich vereint das Szenario die Körper zu einer Masse, in der der Einzelne sein Gesicht verliert und verführbar zu politischen Ideologien wird: Der Monolog Ahabs, die unheilvollen Heil-Hitler-Rufe des Schauspielers Uwe Schmieder. Aus dieser Gemengelage entsteht ein dichtes Spiel, das seinen Rhythmus im Wechsel gewalttätiger männlicher Rituale und der dann wieder folgenden Todesstille auf dem glatten Meer findet.
Richard Rabensaat, taz 19. 8. 2002